Der Wahnsinn der Rekorde

Der Dauertänzer Fernando hatte im vorigen Jahr 130 Stunden im Lunapark zu Berlin durchgetanzt, und zwar mit Unterbrechungen von etwa zehn Minuten auf die Stunde. Es fand sich niemand, der ihm diesen Wahnsinn nachzumachen geneigt war, und daß der Tanzsport irgendwelche Verbesserungen durch diesen Rekord erfahren haben sollte, ist nicht anzunehmen. Aber Herrn Fernando ließ sein eigener Ruhm nicht schlafen. Und so hat er es fertiggebracht, vom 26. Mai abends bis zum 1. Juni abends durchzutanzen. In dieser Zeit hat er, wie eine übereifrige Statistik feststellte, 1861 Tänze getanzt und 1642 Partnerinnen gehabt. Diesmal machte er nur alle zwei Stunden 10 Minuten Pause, die er benutzte, um zu essen, die Wäsche zu wechseln und sich rasieren zu lassen. In den letzten Stunden wollte er einen besonderen Beweis seiner Leistungsfähigkeit ablegen und tanzte in geradezu rasendem Tempo. Als er vollkommen frisch sein Pensum erledigt hatte, wurde er massiert, badete und legte sich schlafen. In den 145 Stunden seines Tanzes hat er nur Eier, Milch und geschabtes Fleisch zu sich genommen. Der einzige Erfolg dieser irrsinnigen Prozedur ist für die medizinische Wissenschaft erzielt worden: drei Ärzte vom Reichsgesundheitsamt wohnten dem Dauertanz bei und haben ihre Beobachtungen an Fernando gemacht. Sie haben einstimmig erklärt, daß dieser Tänzer ein medizinisches Phänomen sei und daß vor allem sein Herz wohl einzig in der Welt dastünde.” – Quelle: Das kleine Blatt vom 16.6.1927

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